2. Hecht-Orientierungslauf 2021

27. März 2021

Der zweite Hecht-OL in diesem Jahr ist Geschichte. Bis in die Abendstunden hinein piepste es gestern in einem Hinterhof in der Dresdner Neustadt. Im Mittelpunkt standen dabei Kinder im Alter von 2 bis 8 Jahren, deren Bewegungsdrang kaum zu bändigen war.

Immer wieder sehe ich in den sozialen Medien Bilder von Familien oder Kindern, welche endlich wieder das Recht einfordern Sport machen zu dürfen. Die Regelungen sind dabei wohl deutschlandweit unterschiedlich (Sportart, Anzahl etc.). Im Wirrwarr der tagesaktuellen Vorschriften sehen aktuell wohl nur noch die wenigsten Bürger durch. (Natürlich habe ich im Vorfeld des Orientierungslaufes sämtliche Regelungen auf allen Ebenen gelesen und bin streng nach diesen vorgegangen.)

Glücklicherweise herrscht in den von mir schon seit inzwischen mehreren Jahrzehnten bewohnten Stadtteil sehr viel Pragmatismus. Auch wenn immer mehr Tendenzen der Segregation zu erkennen sind, so ist zumindest bis heute noch dieser breite Mix von Menschen aller Altersbereiche, der unterschiedlichsten Einkommensschichten und vor allem eine starke Durchmischung von Menschen aus der gesamten Welt allgegenwärtig. Wenn man selbst jeden Tag an dem Banner der Mission Lifeline vorbeifährt und von Erich Kästner auf der Mauer sitzend gegrüßt wird, dann kann man vermutlich auch gar nicht anders, als zu überlegen, wie man selbst in der aktuellen Situation seinen Beitrag leisten kann.

Nach mehreren Anfragen von Kindern und Erwachsenen hatte ich mich daher dazu entschieden nun im größeren Kreis den zweiten 2.Hecht-Orientierungslauf 2021 auf die Agenda zu setzen. Werbung dafür brauchte ich eigentlich unter den Kindern nicht zu machen. In einer Gegend, wo „Emil und die Detektive“ oder „Das fliegende Klassenzimmer“ allgegenwärtig sind, spricht sich so etwas quasi von selbst herum.

So galt es einfach die Rahmenbedingungen zu setzen. Konkret hatte ich mir zusätzlich zum wahllosen Ablaufen aller Stationen für die älteren Kinder eine erweiterte Variante mit Karte überlegt. Daher habe ich kurzerhand am Abend zuvor vom Balkon aus mit IPad und Adobe Illustrator eine sehr einfache Karte gezeichnet und dabei insgesamt vier Bahnen gelegt. Ausgedruckt wurden diese Bahnen mit einen Fotodrucker. (Bildschirmdruck Gesamtpostennetz)

Gesamtpostennetz

Der „Wettkampftag“ an sich lief dann quasi von alleine. Nach dem Öffnen meines Rucksacks bzw. des Koffers mit dem Equipment übernahmen die älteren Kinder sofort die Führung und verteilten untereinander die Postenständer, Schirme und Stationen. Nach einem kurzen Hinweis von mir stand dann alles am richtigen Ort. In der Folgezeit wurde eifrig OL gemacht. Die kleineren Kinder ab zwei Jahren wollten einfach ein wenig piepsen, bei den größeren Kindern ging es darum, der Schnellste zu sein. Diejenigen Kinder, welche schon in der Schule waren, beschäftigten sich auch mit dem Kartenmaterial und den verschiedenen Bahnen. Nach 2h habe ich dann das erste Mal auf die Uhr geschaut. Erstaunt musste ich zu fortgeschrittener Stunde feststellen, dass dann die ersten Kinder anfingen sich selbst Karten zu malen und eigene Bahnen überlegt haben. Das hatte ich nicht erwartet.

Was war das Fazit dieses Nachmittags/Abends: Unter den Teilnehmern war (unabhängig des eigenen Nachwuchses) kein einziges Kind, welches über die Eltern oder einen Verein Bezug zum Orientierungslauf hatte. Trotzdem wussten die größeren Kinder inzwischen schon genau, wie alles funktioniert. Alle hatten sichtlich Spaß.

Wenn ich diese Erkenntnisse dann auf Landes- oder Bundesebene übertrage, dann wird mir einmal mehr klar, was hier die vergangenen Jahre schief lief bzw. wieviel Potenzial vorhanden ist. Statt tatsächlich flächendeckend Konzepte für den Nachwuchs zu erarbeiten bzw. abzustimmen, werden Ordnungen durchgearbeitet, erneuert und die finanziellen Mittel seit Jahren zu einseitig in den Kader gesteckt. Das Potenzial für die signifikante Erhöhung der Orientierungssportler ist da. Alternativ besteht zumindest die Möglichkeit den Weg in die Mitte der Gesellschaft zu finden. Es gibt für kleine Kinder wohl kaum etwas Spannenderes als piepsende und blickende Objekte. Größere Kinder können in diesem Format dabei ganz einfach ihren Bewegungsdrang ausleben und sich mit anderen Vergleichen. Sofern die Kinder einmal Feuer gefangen haben, sind die Eltern zumeist auch mit im Boot. Aus meiner Sicht gehört der gesamte Themenkomplex Nachwuchssport mit vernünftigen, abgestimmten Konzepten, in den kommenden Jahren an Nummer 1 der Agenda im Orientierungssport. Auch wenn es sicher in einigen Vereinen und Bundesländern mindestens rudimentäre (oder konkrete) Konzepte gibt, so lese ich in den gängigen Foren auf Bundesebene immer wieder nur zaghafte Versuche in Richtung Schul-Orientierungslauf. Die entsprechende Stelle auf Bundesebene ist unbesetzt. Auf der Homepage o-sport.de hatte ich zwar vor geraumer Zeit sämtliche Seiten dazu aktualisiert. Erste Ansätze auf Bundesebene habe ich auch vernommen (z.B. Präsentation auf der Homepage „Tinongo - Sport für dein Kind“). Trotzdem ist das ist eindeutig zu wenig.

Unabhängig davon habe ich beim Langlaufen am vergangenen Wochenende freudestrahlend ein Festpostennetz in Altenberg gesehen. Dabei musste ich dann auch an das aktuelle Dresdner Projekt denken. Dort wird in Absprache mit der Stadt und den verschiedenen Orientierungssportarten gerade an einem Festpostennetz in zentraler Lage gearbeitet. Mit einer Veröffentlichung und entsprechender Werbung würden wir wieder einen Stück mehr in das Bewusstsein der Menschen treten.

Ps.: Wer das Sporttreiben von Kindern (also unseren nachfolgenden Generationen) in der aktuellen Situation als kritisch ansieht, den Verweise ich auf das Corona-Dashboard der Stadt Dresden. Die Zahlen auf den Intensivstationen (Corona) verbleiben weiterhin auf einem stabilen niedrigen Wert, auch wenn die Kita's und Schulen seit geraumer Zeit offen sind. Eine Zahl der ausländischen Patienten auf den Intensivstationen wird leider nicht benannt. In der Vergangenheit wurde zumindest in der Zeitung öfters davon berichtet.

Danke auch noch für den Videolink zum Vortrag von Dr. Sven Armbrust zum Thema Kinder, welcher mir im Nachgang zugesendet wurde.